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Konrad Wölki

Ein Leben für die Zupfmusik

Konrad Wölki

 

geboren am 27.12.1904 in Berlin

geheiratet am 22.11.1929 Frieda Fridek in Berlin

2. Ehe mit Gerda Rhinow

gestorben am 05.07.1983 in Berlin

 

Konrad Wölki

Am 5. Juli 1983 hat in Frohnau das Herz des Berliner Komponisten Konrad Wölki zu schlagen aufgehört. Wer war Konrad Wölki? mag mancher fragen, der zwar viel ins Theater und Konzert geht, dann aber "nur" in die Philharmonie oder die Hochschule. Gewiss dieser Bereich ist im Schaffen Wölkis kaum vertreten: Er sah seine Berufung auf dem gerade heute besonders notwendigen Gebiet des Liebhabermusizierens. Wer aber diese Konzerte im Laien- und Musikschulbereich ein wenig verfolgte oder die Rundfunkprogramme genauer las, begegnete seinem Namen immer wieder. Und dies nicht nur hier in Berlin, sondern in Deutschland, Europa und darüber hinaus.

Am 27.12.1904 in Moabit geboren, wurde er bereits 12jährig Mitglied des Kinderchores an der Königlichen Oper Berlin. Schon als 18jähriger - 1922 - gründete er ein Orchester aus Mandolinen- und Gitarrenspielern, das zunächst ganz zeitgemäß "Mandolinenorchester Fidelio" hieß, 1929 und 1934 den Namen wechselte und schließlich 1937 den endgültigen Namen "BERLINER LAUTENGILDE" erhielt, in Anlehnung an Fritz Jödes "Musikantengilde".

Diese mehrfache Namenssuche ist ein äußeres Zeichen dessen, was er selbst zeitlebens war: ein Wacher und Suchender. So war er einer der ersten, die sich intensiv um die Erforschung der Mandoline verdient machten, was sich in wissenschaftlichen Veröffentlichungen niederschlug. Dies befähigte ihn, den historischen Ursprung der Mandoline in seine überaus erfolgreiche pädagogische Tätigkeit einzubeziehen und in vielen Dingen gegen den Strom der damals gängigen Praxis des Zupfinstrumentenspiels anzugehen. Die Anerkennung blieb nicht aus.

Wölki war von 1934 bis 1940 Lehrer für Zupfinstrumente am Stern'schen Konservatorium Berlin, Mitglied des Prüfungsausschusses für die Staatliche Musiklehrerprüfung seit 1939, 1948 bis 1959 Leiter der Volksmusikschule Reinickendorf und von 1962 bis 1966 Leiter des Seminars für Jugendmusikerzieher am Städtischen Konservatorium Berlin (jetzt zur Staatl. Hochschule für Musik und darstellende Kunst gehörend). In den letzten Jahren, als er sich weitgehend aus der öffentlichkeit zurückgezogen hatte, begegneten wir ihm noch des öfteren in der Jury des Wettbewerbs "Jugend musiziert".

Was Segovia für die allgemeine Anerkennung der Gitarre geleistet hat, hat gewiss Wölki für das Mandolinenorchester oder - fachlich richtiger ausgedrückt - für das Zupforchester getan. Dies geschah zum einen durch eine immense Zahl von Eigenkompositionen und schöpferischen Bearbeitungen, zum anderen durch Gewinnung und Anregung anderer Komponisten. In mehreren von deren Werken bemerkt man seine Einflüsse, nicht zuletzt wohl deshalb, weil er auch eine Instrumentationslehre für Zupfinstrumente verfasste, die 1948 in 2. Auflage bei Ragotzky erschien.

Wölkis kompositorisches Schaffen gliedert sich in drei Abschnitte: Der, man muss es schon so nennen, sinfonischen Schreibweise der 20er Jahre, heute noch (oder wieder) gern gespielt, folgte eine neo-barokke Periode etwa ab Mitte der dreißiger Jahre, bis Wölki sich in den fünfziger Jahren dann moderneren Harmonien und Rhythmen zuwandte. Experimentelle Musik und viele Werke der Avantgarde waren ihm zuwider (mehr als einmal sah man ihn ein Konzert verlassen, wenn graphische Partituren erklangen) - andererseits galt er selbst in seinem Bereich als Neuerer, der nicht immer gleich verstanden wurde. Als eines seiner Hauptwerke mag das "Konzert für Violine, 2 Flöten und Zupforchester" Op. 57 genannt werden, das 1954 entstand und in der Neufassung von 1966 nun wohl im kommenden Jahr (1984) gedruckt wird.

Neben etlichen Lehrwerken und einiger pädagogischer Musik zeigte sich seine stete, über sein engeres Fach hinausgehende Wachsamkeit in vielen Artikeln, die er für Fachzeitschriften verfasste, ebenso wie in der Tatsache, dass er als einer der ersten den Gitarrenboom an den Musikschulen erkannte und in die Bahn chorischen Gitarrenspiels zu lenken wusste, hierin unterstützt von seiner zweiten Frau, Gerda Wölki.

Es ist ihm gewiss schwergefallen, 1972 (nach 50 Jahren!) die Leitung seiner "BERLINER LAUTENGILDE" seiner Frau zu übergeben, die seit 1953 das "Jugend-Zupforchester" und ab 1958 den "Gitarrenchor" der "LAUTENGILDE" leitete. Gesundheitliche Beeinträchtigung hinderte ihn jedoch nicht, am Schreibtisch weiterzuarbeiten und seine umfangreiche Korrespondenz zu führen. Tage vor seinem Ableben übersandte er noch eine aktuelle Stellungnahme an die Fachzeitschrift "zupfmusik–gitarre" des Bundes Deutscher Zupfmusiker, dessen Ehrenmitglied er war.

Es bliebe noch vieles zu erwähnen – aber die betrübliche Tatsache bleibt, dass einer von uns gehen musste, der noch voller Tatkraft und Pläne war. Tröstlich: Seine Werke bleiben uns, und die Tatsache, dass seine Werke und Schriften bereits 1977 mit einer Million Exemplaren verbreitet waren, zeigt, wie beliebt Konrad Wölki in Zupferkreisen war und ist. Während seiner Beisetzung auf dem Städtischen Friedhof Frohnau am 19. Juli erklang, gespielt von ehemaligen Mitgliedern der "BERLINER LAUTENGILDE", eines seiner Lieblingswerke: die "Suite Nr. 1" aus dem Jahr 1935.

Michael Kubik (nord-berliner / kultur- & theaterforum) 1983

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