Nossberg (Orzechowo), nordöstlich von Guttstadt (Dobre Miasto) an der Straße nach Seeburg (Jeziorany), ein kleiner, verträumter Ort in Ostpreußen, im heutigen Polen. Hier haben vom Ende des 17. Jahrhunderts bis Mitte des 19. Jh. über fünf Generationen hinweg unsere Vorfahren gelebt. Es waren die WELKs, die zu WOELKIs wurden. Es waren Bauern, die zu Knechten und Handwerkern wurden. Es waren Pruzzen, Deutsche, Polen, es waren Ermländer, es waren Katholiken.
Zum Dorf gehörten 90 Hufen nach Culmer Recht. (1 Hufe = ca. 17ha)
1688 hatte Nosbergk 88 Hufen (6 Pfarrhufen, 9 Schulzenhufen, 58 Zinshufen und 15 wüste Hufen) einen eigenen Krug, 2 Schulzen und 20 Bauern.
Karl Lange, geboren in Noßberg, schreibt 1985 über den Ort und seine Bewohner Anfang des 20. Jahrhunderts:
...Das Dorf war gut einen Kilometer lang. Die Straße hatte
Kopfsteinpflaster und war von Lindenbäumen eingefasst. Außerhalb des Dorfes
war sie eine Kies-Chaussee mit Sommerweg (Sandweg).
Fast alle Häuser
waren normale Ziegelbauten, Einstockwerk - Häuser öfters mit Dachausbau,
weiß verputzt oder rote Klinkerbauten. Verschiedene Häuser hatten einen
Stallanbau. Einige, besonders Klein-Landwirte und einige Handwerker hatten
neben dem Wohnhaus ein oder zwei Stallgebäude bzw. Schuppen. Viele Häuser
hatten einen größeren oder kleineren Obstgarten oder wenigstens einige
Einzelbäume. Drei Häuser waren noch Bohlenhäuser mit Fachwerkwänden (Weiß,
Wölk, Wegner).
In der Mitte des Ortes liegt auf einem Bergrücken die
Kirche mit dem alten Friedhof, Pfarrhaus und zwei großen Pfarrscheunen. Der
Friedhof war von einer Friedhofsmauer aus roten Ziegeln umgeben....
1933 hatte Noßberg noch 755 Einwohner.
Michael Woelky schreibt 1978 von seinem Besuch in Noßberg:
...Eingefallene und unbewohnte Häuser stehen hier gleich neben der
Straße. Wir parken an der Kirche von Noßberg. Die Straße hat nur ein
holperiges Kopfsteinpflaster. Einige Häuser sind aus Abrißsteinen neu
entstanden. Diese Häuser haben keinen Außenputz bekommen. Einem großen Teil
der Neubauten in den Städten fehlt auch jeglicher Putz. Wir gehen mehrere
langgezogene Steinstufen aufwärts zur Kirche. Die Kirche ist offen, so
treten wir ein. Im Vorraum entdeckte ich in einem Bilderrahmen verewigt, auf
Papier geschrieben, die Geschichte der Kirche von Noßberg. Der Fotoapparat
hält dieses Dokument fest.
Überrascht ist man über die innere Ausstattung
dieser Dorfkirche. Die jahrhundertealte Kirche birgt so manchen Schatz. Wir
steigen auch zur Orgel hoch. Dort entdecke ich ein altes Notenbuch zu meiner
Überraschung: deutsche Lieder. "Sah ein Knab‘ ein Röslein stehn" und viele
andere bekannte Heimatlieder. Da erhalten wir von dem polnischen Pfarrer
Besuch. Er schaut zuerst aus wie ein Landarbeiter. Man kann sich mit ihm in
deutscher Sprache unterhalten. Der ehemalige deutsche Pfarrer, Herr Preuß,
sorgte dafür, daß der jetzige mehrere Male Bonn und Königswinter besuchen
konnte. Durch den Besuch ehemaliger Pfarreimitglieder besteht immer wieder
Kontakt. Wir fragen, ob noch alte Taufbücher vorhanden sind. Er führt uns in
das Gemeindehaus. Hier wird in einem Raum noch heute Unterricht für die
Dorfkinder gegeben, im Nebenraum das Arbeitszimmer. In zwei Regalen uralte,
verstaubte Bücher. Eins davon ist ein Taufbuch. Sämtliche Taufen ab 1881 -
1947 sind hier fein säuberlich eingetragen Meine stille Hoffnung,
Unbekanntes von unserer Familie zu finden, wurde also nicht erfüllt. Da wir
bis 1701 Unterlagen und Dokumente haben, durften weitere Funde nur in
Staats- oder Kirchenarchiven möglich sein. Seit 1589 werden sämtliche Taufen
in Kirchenbüchern festgehalten. Wir wünschen dem Pfarrer alles Gute für die
Zukunft, sagen Dank und drücken ihm einen DM-Schein in die Hand....
Ermland - Lied
1. |
2. |
3. |
mit Musik