[10] Georg Reisch
Georg ist der Sohn von [20] Gustav Reisch und [21] Anna Lehnert.
Was am Geburtstage - nach einer Nottaufe - kaum ein Angehöriger zu hoffen wagte, wurde wahr: Georg fand es auf der Erde gar nicht so schlecht. Er entwickelte sich, wurde kräftig und lebensfähig und blieb über 87 Jahre auf diesem Stern. In all den Jahren wartete er geduldig auf eine bessere Zeit für sein Erdendasein. Georg kannte die Prognose, die man ihm bei seiner Geburt gestellt hatte. Damals legte er sich sein spitzbübisches Lächeln zu. Er freute sich, wenn er Gelegenheit bekam, es zu gebrauchen, denn von Natur aus war er ein sehr ernster Mann. Im Umgang mit seinen Mitmenschen gewann er durch seine gepflegte Freundlichkeit und die Kunst des Zuhörens. In seiner Freizeit nutzte er die schönen Dinge unseres Lebens, um durch sie neue Kräfte für den Alltag zu gewinnen: Literatur, Konzerte, Theater-, Opern- und Kirchenbesuche, Spaziergänge in gesunder Natur und zu interessanten Baudenkmälern. An Gesprächen konnte er sich dadurch ausgiebig beteiligen, versuchte aber nie Misstöne durch Untoleranz, Aufdringlichkeit, Recht- und Besserwisserei. Jeder müsste ihn allein schon deshalb gerne haben. Außer diesen angenehmen Eigenschaften besaß er eine uneingeschränkte Hilfsbereitschaft.
Von Georgs Kindheit und Jugendzeit ist nicht viel zu berichten. Die Mutter starb, als er sieben Jahre alt war. Eine Stiefmutter und bald eine zweite Stiefmutter konnten den ersten harten Schlag in seinem jungen Leben nicht heilen. Seine Schulausbildung erhielt er auf der achtklassigen katholischen Elementar-Schule in Krotfeld (April 1891-März 1899), danach kam er auf das Gymnasium. Er besuchte es nur zwei Jahre. Das dort erworbene Latein genügte um im Heimatort in die Drogistenlehre genommen zu werden. Später war er dann bei einem Berliner Drogisten (Verwandter aus Lehnerts-Seite?) in der Elsasser Str. tätig. Diese Umsetzung eines jungen empfindsamen Lebens aus der dörflich weiträumigen, lichten Kleinstadt Katscher in die düstere, von hässlichen, hohen Häusern und engen Straßen gelegenen Berliner Wohngebiet zwischen Oranienburger Tor und Stettiner Bahnhof, war nicht leicht. Georg war ein Fremder in Berlin, ohne Bekannte, Freunde, Verwandte, an die er sich in seiner seelischen Einsamkeit anlehnen konnte.
So suchte er oft Trost in der Kapelle des nahe gelegenen Krankenhauses St. Hedwig in der Gr. Hamburger Straße. Der junge, ernste Mann muss der Oberschwester Huberta aufgefallen sein. Es kam zu einem vertrauensvollen Gespräch, dass dazu führte, dass Georg als Krankenwärter in der Krankenabteilung I eingestellt (Feb. 1905 - Sept. 1908) wurde. Dort lernte er Dominikus Bayer und Martin Schur kennen. Verwandte von Martin Schur lebten ebenfalls in Katscher. Mit beiden blieb Georg bis zu ihrem Tod verbunden.
1908 war Georgs Adresse bei Herrn Lux in der Kissingenstr. 93 in Berlin-Pankow, danach zog er nach Moabit in die Waldenserstr. 9. Dominikus Bayer heiratete von den dreien als erster. Er eröffnete ein Beerdigungs-Institut in Moabit. Bei einer Tauffeier hatte er neben Georg und sein Freund Martin Schur auch den Küster von St. Paulus, [22] Hermann Duwe, mit seinen Töchtern eingeladen. So lernten Georg und Martin ihre zukünftigen Frauen kennen. Durch Vermittlung vom Küster Duwe kam Georg in eine neue Anstellung bei der Disconto Bank - später Deutsche Bank - in Berlin.
Martin Schur heiratete 1912 Hedwig Duwe und ein halbes Jahr vorher, am 02.10.1911 heiratet Georg [11] Anna Duwe.
Georg zog am Tage nach der Hochzeit mit seiner Frau in die Turmstr. 44, Vorderhaus 3 Treppen rechts, ein, für Anna war es nur ein Wohnungswechsel im Haus. Die Miete betrug 500,00 Mark jährlich, zahlbar in monatlichen Raten. Das Haus gehört dem St. Hedwig-Frauenverein, hat einen Durchgang zum Kath. Waisenhaus und zur St. Paulus - Kirche.
1902
Georg Reisch u. Dominikus Bayer 1906
Georg mit Hedwig und Anna Duwe
Georg und Anna 1909
Familie Reisch ca. 1922
ca.1925
Silberhochzeit 02.10.1936
1961
Diamantenhochzeit 02.10.1971
Grabstelle Reisch
Dokumente
- GEORG REISCH - ANNA DUWE (PDF der bisherigen Webseite)